Meine Jahre in der intellektuellen Diaspora
Jul 16th, 2006 | By Phil | Category: Allgemein, JBC 6von Thomas Matterne
Major Winchester aus der TV-Serie MASH war irgendwie ja schon immer eines meiner Vorbilder. Der kultivierte Höhepunkt in einer unaufgeräumten, gänzlich unkultivierten Welt volle Cretains. (Und im Herzen doch noch ein guter Kerl.) Ja, mit so jemanden konnte und kann ich mich durchaus identifizieren. Damit war es also durchaus ein Kompliment, als mir vor ein paar Tagen ein Freund sagte, beim Ansehen eines MASH-Specials auf Kabel 1 hätte ihn Winchester an mich erinnert. Natürlich durfte ich damals nicht zugeben, dass das ein Kompliment für mich war … Major Winchester hätte mich da vollkommen verstanden.
Das ich es während meines Studiums in Ansbach mit einem Haufen Cretains zu tun haben würde, war mir schon am ersten Tag klar. Ich erinnere mich noch ganz genau. In der Mensa gab es überbackene Champignons, beim ersten Mal waren sie ganz lecker – wenn der Leser weiß, was ich damit sagen will.
Ich erinnere mich aber auch an die kleine Tour quer über den Campus und wieder zurück, damit es wieder von vorn losgehen konnte, mit dem für Erstsemester völlig absurdem Ziel ein paar überlebenswichtige Informationen (Ich glaube wir suchten die Toiletten, aber ich bin mir da dann doch nicht mehr so ganz sicher, vielleicht ging es auch um das Vorlesungsverzeichnis.) zu bekommen.
Irgendwann auf dieser Tour zitierte ich fast zwangsläufig den guten alten Goethe: „Da stehe ich nun, ich alter Thor, und bin so kluge wie zuvor.“ Tja, und als ich „alter Thor“ dann in die fragenden Gesichter meiner neuen Kommilitonen sah, da wusste ich die nächsten Semester in der intellektuellen Diaspora verbringen zu müssen. Als manche dann nicht mal etwas mit dem Schlagwort Faust anfangen konnten, da war mir der kulturelle Tod gewiss.
Ich war so verzweifelt auf der Suche nach Kultur, dass ich mein 1. Praktikum nicht bei Siemens, Bosch & Co. Machte, sondern in der Volkshochschule. (Es könnte aber auch daran gelegen haben, dass mich Siemens, Bosch & Co. nicht haben wollten.)
Dort hatte ich dann Kollegen für die klassische Musik nicht Ruhestörung ist, die französische Filme auch dann mögen, wenn keine Hardcore-Szenen vorkommen, und die wissen, dass Bücher auch anderes enthalten können, als Bedienungsanleitungen für Hard- und Software. Als eine Art Ersatzhandlung fing ich sogar an einen eigenen Roman über die Lage zu schreiben – na ja, eigentlich ging es um eine kleine Französin, die in eine Mordserie verwickelt wurde.
Das Manuskript wurde der Renner des Semesters. Ich schaffte es sogar in die hoch angesehene Fhacts, dem amtlichen Publikationsblatt der Multimedia-Studenten an der Fachhochschule Ansbach.
Ja, so war das – und ist es auch noch ein wenig. Ich werde dann mal in meine Wohnung gehen, eine Klassik-CD einlegen – wir sind ja nicht mehr bei MASH, wo es noch ein Tonband war – und mit meinem Seelenverwandten Major Winchester ein Gläschen Wein trinken.
In diesem Sinne
Thomas
Das Voting erfolgt über die Kommentarfunktion.
Die Skala geht von 1 Punkt (echt mies!) bis 10 Punkte (nur noch geil!).
Ende des 6.JBC ist Mittwoch der 26. Juli 2006, um 12.00 Uhr Mittags.
[…] Thomas Matterne – Meine Jahre in der intelektuellen Diaspora Martin A. Neubaublog – LUXUS Rob Vegas – Vegas und Mindtime Flash – Flash, Lollo und Belleck […]
Toll, unterhaltsam geschrieben. Verknüpft wie üblich mehrere Themen beihnahe übergangslos.
Gibt von mir 8 Punkte.
also ich glaub ich bin zu doof. ich find keine bewertungsmöglichkeit in der kommentarfunktion. mpf.
einfach eine Zahl eintippen…
da ich den autor persönlich kenne, gibts von mir 10 punkte…
Schon wegen des Ein- und Ausstiegs mit der großartigen Serie MASH: 10 Punkte. (Obwohl die bekundete Wertschätzung französischer Filme eine ganz leichte Abwertung bringt, so zu sagen 10 Minus. :-))
Nur fürs Protokoll: Das Minus stand nach der 10, also sind es immer noch 10 Punkt. 🙂
mein jott…dat hätt ich ja nu nicht verstanden 😉
vielen dank.
und natürlich eine 10 🙂
Ganz nett und vorallem nachvollziehbar… 😉
Die Vergleiche zu Winchester bringen gleich nochmal ´nen Extrapunkt ein, also kurz vor knapp von mir eine 9,5.
(man will ja nicht mainstream sein…*augenroll*)
10 😉
10 Punkte
Nice writing, Thomas matterne, ten points
And the Oscar goes to, nein der nicht aber 10 Punkte an diesen Text