Gedankengänge

Aug. 20th, 2014 | By | Category: Allgemein

Naja, es ist wie es ist. Wäre es anders, dann wäre es auch anders. Blöde Phrasen. Wenn ich es nicht gewollt hätte, dann hätte ich es auch nicht gemacht. Klar, es gibt einiges was man hätte anders machen können, sollen, dürfen oder müssen. Halt, nicht müssen. Man muss nie, man hat immer die Wahl. Sie gefällt nur nicht wenn man muss. Man findet die Konsequenzen unerträglich wenn man eben nicht muss und statt sich das einzugestehen flüchtet man sich in ein muss.

Also streichen wir das muss. Streichen wir auch das aber. Ich konnte dieses Wort noch nie leiden. Es ist der Inbegriff einer subtilen Beleidigung. Stimmt man vordergründig zu, so hält man sich eine Hintertür auf , widerspricht trotz allem oder führt eine Diskussion fort, die schon lange vor dem aber hätte beendet werden können.

Können ist gut. Wir können vieles, können alles, können nichts. Das Können und die Möglichkeit. Können ist gut. Ein gutes, nein ein sehr gutes Wort. Mit nur einem Haken: nur weil wir behaupten es zu können, müssen wir es nicht können. Es ist hypothetisch und das könnte uns zum Problem werden. Um ehrlich zu sein ist es mir schon zu oft zum Problem geworden. Nicht dass das wirkliche Auswirkungen hätte, mehr ein kleines stören, ein dumpfes Pochen hin und wieder ein nerviger Stich, das ist schon alles. Nicht der Rede wert.

Was ist denn dann diese Vorrede wert? Ist sie überhaupt notwendig? Das sind doch jetzt mal Ansätze. Reden wir von der Notwendigkeit. Von welcher überhaupt. Von der des Sein oder der dieser Zeilen? Reden wir von der Notwendigkeit an und für sich oder ihrer Bedingungen und dem was sie bedingt? Ich denke nicht. Das führt uns nirgendwohin. Wohin wollen wir? Darauf habe ich eine ganz einfache Antwort. Was das hier angeht wollen wir dahin, wo ich hin will. Ich führe. Ich kenne vielleicht nicht den Weg, mit ein bisschen Glück kommen wir aber an meinem Ziel an. Nicht das ich Selbiges kennen würde. Noch nicht heißt das. Ich kenne ein paar Ansätze und weiß wo es losgehen kann. Das sollte reichen. Das heißt wiederrum, mir reicht es. Auf die Frage warum es mir reicht gibt es auch eine einfache Antwort: Hier kann ich nicht bleiben, also muss ich irgendwohin. Während die Zeit vergeht haben wir die Wahl uns treiben zu lassen oder eine Richtung einzuschlagen. So oder so bewegen wir uns und sind auf einer Reise. Vielleicht kommt daher das geflügelte Wort vom „Fluß der Zeit“. Selbst wenn wir nicht reisen, werden wir doch vom Wasser mitgetragen und reisen obgleich wir nicht reisen. Was die Zeit und damit die Frage angeht warum mir ein ungefähr reicht und warum ich nicht weiß wo es hingeht ausreicht: Ich habe keine Wahl. Die hat niemand. Wir steigen irgendwo in den Fluß und werden davon getrieben, wenn wir schwimmen können wir den Arm des Flusses wählen, die ein oder andere Stromschnelle umgehen oder eine kurze Rast am Ufer oder auf einer Insel einlegen. Am Ende unserer Reise sind wir dort wo wir sind, denn wir können nur dort sein und nicht woanders.

Ich bin versucht diesen Gedanken noch weiter zutreiben. Versucht heißt glücklicherweise nicht, dass ich es auch mache.

Ich denke an dieser Stelle ist es ganz gut den Gedanken einen Gedanken sein zu lassen und einfach aus dem Fenster zu sehen. Weiße Wolken an einem blauen Himmel. Eine kleine Stadt oder ein großes Dorf auf einem Hügel, rechts von mir. Dazwischen Wiesen, Felder, Bäume, ein Flüsschen, Gleise, Masten und Schotter. Ich sitze in einem Zug von A nach B und bin gerade irgendwo dazwischen. Neben mir ein Mann um die Zwanzig, asiatischer Herkunft, wahrscheinlich Student. Er schläft mit Kopfhörern in den Ohren, ein Mobiltelefon liegt vor ihm auf dem Klapptisch. Hin und wieder wenn der Zug eine Rechtskurve fährt liegt er auf meiner Schulter. Ich bin ein wenig irritiert. Ich kann so nicht schlafen. Nicht das ich es nicht versucht hätte. Ich bin nur einfach zu groß für die Sitze. Und wieder ein Halt. „Größe ist posthum“, wien ein Freund mich immer wieder erinnert. Sagen wir ich bin zu lang um auch nur halbwegs bequem schlafen zu können.

Ich habe auch Kopfhörer, einen Moment … nun höre auch ich Musik. „Mohammeds Radio“ von Warren Zevon.

Everybody is restless and they got no place to go. Someone is always trying to tell something they already know. … Dort wo ich gerade war hat niemand ruhelos gewirkt Hektisch ja. Geschäftig auf jeden Fall und in Eile? Definitiv. Ich war ja schließlich auch auf einem Bahnhof.

Everybody is desperate … das würde ich auch nicht unterschreiben. Ich beginne zu glauben, dass das Lied nicht so ganz passt. Es muss ja schließlich auch nicht, dieses muss hatten wir ja bereits abgeschafft. Gut, dann kann es bleiben. Das ist praktisch. Schließlich habe ich drei verschiedene Versionen dieses Liedes, welche nacheinander abgespielt werden. Wird also eine etwas längere Angelegenheit. Die Landschaft hat sich verändert. Wir fahren durch einen Wald. Die Musik auch. Brother Billy had both guns drawn, he ain’t been right since Vietnam… Daddy is doing sister Sally, Grandpa dying at cancer know…. Sweet home Alabama, play that deadband song, turn the speakers up full blast, play it all night long.

Jemand, ich denke es war seine Lebensgefährtin, schrieb mal über Warren Zevon er wäre am liebsten Schriftsteller geworden, hatte aber nie die Geduld dafür. Deshalb wurde er Musiker, Songwriter. Wenn er oder sie recht hatte oder besser recht hat, nur weil er tot ist hört er oder sie ja schließlich nicht auf mit der Aussage eventuell recht gehabt zu haben, danke ich Gott für seine Musik. Was wiederrum heißt, ich würde ihm danken, wenn ich an ihn glauben würde.

Keine solchen Absätze mehr, versprochen. Schrieb er mit gekreuzten Fingern.

Zevon ist oder besser war ein großartiger Songwriter. Manchmal zynisch, launisch, komisch, tragisch, traurig, lustig, fast immer tiefgründig und immer überlegt. Nicht so kryptisch und dafür auch nicht so lyrisch wie Bob Dylan. Der ist auch gut. Ich hoffe ich kann die Gelegenheit eines seiner Konzerte zu erleben irgendwann einmal wahrnehmen. Dieses irgendwann einmal stört mich. Ich weiß jetzt schon dass ich es wahrscheinlich nie machen werde. Es gibt immer etwas was einem abhält das zu tun was man will. Bequemlichkeit. Der Killer aller guten und schlechten Vorsätze. Der Grund für das Ende vieler Arbeitsverhältnisse und der Untergang der meisten Beziehungen. Wenn man nicht zu bequem geworden ist sie zu beenden natürlich.

Ich habe vorhin den Asiaten neben mir auf Englisch angequatscht, war ein wenig einsilbig. Mittlerweile habe ich mitbekommen, dass er sehr, sehr gut Deutsch spricht. Jetzt ist mir das von vorhin ein wenig peinlich. Passiert. Ich habe mich von einem chinesischen Pass täuschen lassen. Ob er ein Spion ist? Wie er zur Kommunistischen Partei Chinas steht? Vielleicht ist er ein Dissident? Oder ein Fanatiker? Oder einfach ein Austauschstudent mit den gleichen Sorgen, Sehnsüchten und Nöten wie deutsche Austauschstudenten in China? Was er wohl über mich denkt? Was er wohl über mich schreiben würde, würde ich in einem chinesischen Zug auf dem Weg durch China neben ihm sitzen?

Mit was für belangenlosen Gedankengängen man sich doch beschäftigen kann. Ich bin immer wieder aufs Neue von mir überrascht und nicht immer positiv. Es dauert noch, bis ich in meiner Heimatstadt bin. Was mache ich nur? Chess! Ich spiele Schach.

Ich habe jetzt ca. 20x gegen den Computer verloren… auf der zweit-einfachsten Stufe. Ich bin ziemlich schlecht. Warum ich nicht die einfachste Stufe gewählt habe? Ich habe auch meinen Stolz. Darum.

Interessant:

– mein asiatischer Reisebegleiter spricht ausgezeichnetes Deutsch und stieg mit mir aus

– ich bin immernoch miserabel im Schach

-der Text wurde vor 2 Wochen geschrieben und ich habe ihn erst jetzt online gestellt…

 

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